Anja Zeidler, stellvertretende Generalsekretärin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken: Nicht die Kirche, sondern die Gläubigen müssen sich ändern




Die katholische Kirche ist in Bewegung. Weltweit verändern sich Strukturen, Frauen fordern mehr Mitspracherechte und die Gläubigen sehnen sich nach einer lebendigeren Kirche. Anja Zeidler, stellvertretende Generalsekretärin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), spricht im Interview über die Herausforderungen und Chancen dieser Veränderungen.

Frau Zeidler, die katholische Kirche steht vor großen Umbrüchen. Wie erleben Sie diese Zeit?

Diese Zeit ist wirklich herausfordernd, aber auch spannend. Die Kirche wandelt sich, und das ist ein Prozess, der Zeit braucht. Wir müssen uns immer wieder neu fragen, wie wir den Menschen gerecht werden können, die nach Orientierung und Gemeinschaft suchen.

Die Kirche wird oft als zu starr und hierarchisch kritisiert. Wie kann sie sich modernisieren?

Es ist wichtig, dass die Kirche auf die Menschen hört. Wir müssen unsere Strukturen flexibler gestalten und den Gläubigen mehr Mitspracherechte geben. Denn letztendlich sind es nicht die kirchlichen Strukturen, die die Kirche lebendig machen, sondern die Menschen, die sich in ihr engagieren.

Frauen spielen in der katholischen Kirche immer noch eine untergeordnete Rolle. Wie kann sich das ändern?

Das ist ein wichtiges Thema. Frauen sind in der Kirche genauso wichtig wie Männer. Sie sollen nicht nur in kirchlichen Ämtern vertreten sein, sondern auch mitreden und mitentscheiden können. Wir müssen Frauen den Weg in Leitungspositionen erleichtern.

Die Kirche verliert immer mehr Mitglieder. Wie kann sie diesen Trend stoppen?

Die Kirche muss wieder relevanter werden für die Menschen. Wir müssen zeigen, dass wir für ihre Sorgen und Nöte da sind. Die Menschen suchen nach Gemeinschaft, spiritualität und Antworten auf ihre Lebensfragen. Diese Bedürfnisse müssen wir ernst nehmen.

Sie sind selbst katholisch. Was bedeutet Ihnen die Kirche?

Die Kirche ist für mich ein Zuhause, ein Ort, an dem ich meine Zweifel und meine Hoffnung teilen kann. Sie ist eine Gemeinschaft, in der ich mich aufgehoben fühle und in der ich mich für andere einsetzen kann. Dabei ist mir wichtig, eine Kirche zu leben, die offen, dialogbereit und menschlich ist.

Die katholische Kirche ist weltweit in Bewegung. Sehen Sie darin eine Chance für einen Wandel?

Ja, ich sehe darin eine große Chance. Die Kirche ist so groß und vielfältig wie die Welt selbst. Wir müssen uns von den nationalen Grenzen lösen und gemeinsam nach neuen Wegen suchen. Dabei müssen wir auch auf die anderen christlichen Konfessionen und auf andere Religionen zugehen.

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Kirche?

Ich wünsche mir, dass die Kirche eine Kirche für alle Menschen wird, unabhängig von ihrer Herkunft, ihrem Geschlecht oder ihrer sexuellen Orientierung. Möge sie eine Kirche sein, die das Evangelium von der Liebe und der Gerechtigkeit verkündet und die sich für eine bessere Welt einsetzt.