Bernard Pivot, der Moderator mit der charmanten Arroganz




"Ist Literatur nur etwas für Snobs?", fragte einst Bernard Pivot, der Grande Seigneur der französischen Literaturkritik. Mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht und einer Stimme, die wie Samt klang, polarisierte er die Nation. Manche sahen in ihm einen herablassenden Besserwisser, andere einen scharfsinnigen Geist mit dem Witz eines Salontirolers.
Charmant arrogant
Pivot, 1935 in Lyon geboren, verkörperte den französischen Intellektuellen par excellence. Mit seinem sorgfältig gestutzten Schnurrbart, seiner volltönenden Stimme und seinem maßgeschneiderten Anzug wirkte er wie ein distinguierter Professor, der es sich leisten konnte, seine Meinung zu sagen. Und das tat er auch. Pivot war kein Mann, der sich vor Konfrontationen scheute. Er stellte seine Interviewpartner auf die Probe, lobte sie mit überschwänglichem Lob, um sie dann im nächsten Satz genüsslich in der Luft zu zerreißen.
Dennoch hatte Pivot auch eine charmante Seite. Er konnte sein Publikum mit einem einzigen Satz zum Lachen bringen und war stets bereit, über sich selbst zu spotten. Sein Markenzeichen war seine unverwechselbare Arroganz, die er mit einem Augenzwinkern vortrug. Es war, als ob er sagen wollte: "Ich weiß, dass ich ein Besserwisser bin, aber ich bin ein charmanter Besserwisser."
Streitbarer Geist
Pivot war nicht nur Literaturkritiker, sondern auch ein streitbarer Geist. Er scheute sich nicht, kontroverse Themen anzugehen, wie den Islam oder die Rolle der Frauen in der Gesellschaft. Seine Meinungen waren oft unkonventionell, aber er verteidigte sie immer mit scharfer Logik und einer Prise Sarkasmus.
So machte er sich beispielsweise über die französisch-amerikanischen Beziehungen lustig und bezeichnete die USA als "das Land, das alle Kriege gewinnt, ohne einen einzigen zu führen". Er kritisierte auch die französische Bürokratie und verglich sie mit einem "Labyrinth, in dem man sich verirrt und nie wieder herausfindet".
Der Meister des Fernsehens
Pivot erlangte seinen Ruhm vor allem durch seine Fernsehsendung "Apostrophes", die er von 1975 bis 1990 moderierte. In dieser Sendung interviewte er Schriftsteller, Künstler und Politiker aus aller Welt. "Apostrophes" wurde zu einem Kultformat, das die französische Literaturlandschaft entscheidend prägte.
Pivot war ein Meister der Gesprächsführung. Er verstand es, seinen Gästen die richtigen Fragen zu stellen und sie zu fesselnden Antworten zu verleiten. Er schuf eine Atmosphäre der Offenheit und des Vertrauens, in der sich die Interviewpartner entspannen und ihre Gedanken frei äußern konnten.
Seine Wirkung
Bernard Pivot hat die französische Literaturwelt nachhaltig beeinflusst. Er hat dem Fernsehen eine neue Dimension verliehen und gezeigt, dass anspruchsvolle Unterhaltung möglich ist. Er hat Autoren entdeckt und gefördert und dem Publikum die Welt der Literatur nahegebracht.
Doch Pivot war mehr als nur ein Fernsehmoderator. Er war ein Intellektueller, ein Polemiker und ein Charmeur. Er war ein Mann, der seine Meinung sagte und sich nicht scheute, gegen den Strom zu schwimmen. Er wird der französischen Kultur als einer ihrer schillerndsten und unverwechselbarsten Vertreter in Erinnerung bleiben.