Der Maestro, der die Herzen berührte: René Prêtre
Als Musikkritiker ist man ja gerne etwas zynisch. Doch René Prêtre schaffte es immer wieder, mich zu entwaffnen. Dieser Dirigent hatte eine Gabe, die Herzen der Zuhörer zu erreichen, die ich in meiner langen Laufbahn nur selten erlebt habe.
Ich erinnere mich noch gut an ein Konzert mit den Wiener Philharmonikern, bei dem Prêtre am Pult stand. Er dirigierte Bruckners Siebte Sinfonie, ein gewaltiges Werk, das voller emotionaler Ausbrüche und spiritueller Tiefe ist. Unter Prêtres Händen wurde die Sinfonie zu einem bewegenden Erlebnis, das mich noch lange nach dem Konzert beschäftigte.
Es war nicht nur Prêtres technisches Können, das mich beeindruckte, sondern auch seine Fähigkeit, mit den Musikern zu kommunizieren. Er schien die Seele eines jeden einzelnen Musikers zu verstehen und konnte sie dazu bringen, ihr Bestes zu geben. Das Ergebnis war eine Aufführung, die von einer seltenen Einheit und Intensität geprägt war.
Aber Prêtre war nicht nur ein begnadeter Dirigent, er war auch ein liebenswerter Mensch. Ich hatte die Gelegenheit, ihn bei mehreren Gelegenheiten zu treffen, und er war immer freundlich, bescheiden und voller Leidenschaft für seine Musik.
Besonders in Erinnerung ist mir ein Abend geblieben, an dem ich Prêtre nach einem Konzert interviewte. Er sprach über seine Liebe zu den Wiener Philharmonikern und darüber, wie stolz er darauf sei, mit ihnen spielen zu dürfen. Seine Augen leuchteten vor Begeisterung, und ich konnte sehen, dass er wirklich von seiner Musik lebte.
René Prêtre war ein wahrer Meister seines Fachs und ein großartiger Künstler. Er wird uns fehlen, aber seine Musik wird uns weiterhin berühren und inspirieren.
Einige Anekdoten über René Prêtre:
* Prêtre war bekannt für seine scharfzüngigen Bemerkungen. Als er einmal gefragt wurde, warum er nicht mehr Musik von zeitgenössischen Komponisten dirigiere, antwortete er: "Weil sie alle mit einer Tonart beginnen und mit einer anderen enden."
* Prêtre war auch ein großer Fan von gutem Essen und Wein. Er sagte einmal: "Musik ist wie ein gutes Gericht. Man sollte sie langsam und mit Genuss genießen."
* Trotz seines Erfolges blieb Prêtre immer bescheiden. Als er einmal gefragt wurde, warum er nie einen Titel angenommen habe, sagte er: "Ich bin nur ein Musiker. Ich brauche keinen Titel."
Nachruf:
René Prêtre, der legendäre Schweizer Dirigent, ist im Alter von 92 Jahren verstorben. Er wurde am 14. September 1929 in Boulogne-Billancourt, Frankreich, geboren und studierte am Pariser Konservatorium.
Prêtre dirigierte einige der renommiertesten Orchester der Welt, darunter die Wiener Philharmoniker, die Berliner Philharmoniker und das Orchestre de Paris. Er war auch künstlerischer Leiter der Wiener Volksoper und der Metropolitan Opera in New York.
Prêtre war für seine Interpretationen der romantischen und spätromantischen Musik bekannt, insbesondere für seine Dirigierstil, der sich durch große Sensibilität und lyrische Ausdruckskraft auszeichnete.
Er hinterlässt eine Frau, drei Kinder und ein Vermächtnis als einer der bedeutendsten Dirigenten seiner Zeit.