Lafontaine: Der Fuchs und die Trauben




Einst traf der Fuchs, in großem Hunger, an einer Rebenlaube an, und sah da schöne Trauben reif an einem hohen Weinstock hängen. Er sprang empor, um sie zu erreichen, aber er konnte nicht, sie waren zu hoch für ihn. Da ging er ein wenig zurück, nahm einen Anlauf und sprang wieder – aber er verfehlte auch dieses Mal. Er sprang immer wieder, aber die Trauben waren ihm immer noch unerreichbar. Schließlich gab er auf und sagte: "Ich will sie gar nicht, die Trauben, sie sind ja doch sauer!"

Diese Fabel zeigt uns, dass wir oft Dinge begehren, die wir nicht erreichen können. Und wenn wir sie nicht erreichen können, dann reden wir uns ein, dass wir sie gar nicht wollen.

Aber ist das wirklich wahr? Wollen wir die Dinge, die wir nicht erreichen können, wirklich nicht? Oder reden wir uns das nur ein, um unseren Stolz zu schützen?

Ich glaube, dass wir die Dinge, die wir nicht erreichen können, oft sehr wohl wollen. Aber wir haben Angst davor, zu versagen. Wir haben Angst davor, dass wir nicht gut genug sind. Und aus dieser Angst heraus reden wir uns ein, dass wir die Dinge gar nicht wollen.

Aber das ist nicht wahr. Wir wollen die Dinge, die wir nicht erreichen können. Und wir sollten uns nicht davor scheuen, nach diesen Dingen zu streben. Denn auch wenn wir sie nicht erreichen, werden wir auf dem Weg dorthin wachsen und lernen.