Nordwestbahnhof: Ein Stück Wiener Bahngeschichte




Der Nordwestbahnhof in Wien, kurz NWB genannt, ist ein ehemaliger Kopfbahnhof und das letzte große innerstädtische Entwicklungsgebiet der Donaumetropole. Das Areal zwischen Donau und Donaukanal erstreckt sich über 44 Hektar und beherbergte einst einen der bedeutendsten Bahnhöfe des Kaiserreichs Österreich-Ungarn.
Anfang des 19. Jahrhunderts etablierte sich Wien als wichtiger Verkehrsknotenpunkt im Herzen Europas. Die Industrialisierung führte zu einem rasanten Anstieg des Personen- und Güterverkehrs, was den Bau neuer Bahnstrecken und Bahnhöfe erforderlich machte. So entstand in den 1870er-Jahren der Nordwestbahnhof als Endpunkt der Österreichischen Nordwestbahn, die vom Wiener Praterstern bis nach Zittau in Sachsen führte.
Der NWB war ein architektonisches Meisterwerk seiner Zeit, entworfen von den Architekten Carl von Ghega und August von Sicardsburg. Das imposante Bahnhofsgebäude mit seinem charakteristischen Glockenturm prägte das Stadtbild der Brigittenau und wurde bald zu einem Wahrzeichen Wiens.
In seiner Blütezeit war der Nordwestbahnhof ein geschäftiger Verkehrsknotenpunkt. Züge aus ganz Österreich und dem Ausland fuhren hier ein und aus, darunter der berühmte Orient-Express, der Wien mit Istanbul verband. Das Bahnhofsareal beherbergte zahlreiche Gleise, Bahnsteige, Lokomotivdepots und Werkstätten.
Nach dem Zweiten Weltkrieg verlor der Nordwestbahnhof als Personenbahnhof zunehmend an Bedeutung. Der Fernverkehr wurde in den neuen Wiener Hauptbahnhof verlagert, der Anfang der 1960er-Jahre eröffnet wurde. Der NWB wurde fortan nur noch als Güterbahnhof genutzt.
In den 1990er-Jahren wurde das Gelände des Nordwestbahnhofs als Entwicklungsgebiet ausgewiesen. Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) verkauften das Areal an private Investoren, die das ehemalige Bahnhofsgebäude sanierten und in ein modernes Büro- und Geschäftszentrum umwandelten.
Heute ist der Nordwestbahnhof ein lebendiges Stadtviertel mit einer vielfältigen Mischung aus Wohnen, Arbeiten und Freizeit. Auf dem ehemaligen Gleisgelände entstanden Wohnungen, Büros, Geschäfte und Gastronomiebetriebe. Ein großer Park, der Rudolf-Bednar-Park, bietet den Bewohnern und Besuchern des Areals grüne Erholungsflächen.
Auch das historische Bahnhofsgebäude hat eine neue Bestimmung gefunden. Es beherbergt heute das Eisenbahnmuseum Wien, das einen Einblick in die faszinierende Geschichte der Eisenbahn in Österreich gibt. Im ehemaligen Gepäckaufbewahrungsraum befindet sich die kleine, aber feine Galerie Wien Nordwest, die wechselnde Ausstellungen zeitgenössischer Kunst zeigt.
Der Nordwestbahnhof ist ein spannender Ort, der die Vergangenheit mit der Gegenwart verbindet. Das Areal ist ein lebendiger Beweis für den Wandel der Stadt Wien und ein Zeugnis der Bedeutung, die der Eisenbahn in der Geschichte der Stadt zukam. Wer sich für die Bahngeschichte oder moderne Stadtentwicklung interessiert, sollte dem NWB unbedingt einen Besuch abstatten.