Steinmeier musste einen Weg finden, die deutsche Sorge über die türkische Menschenrechtslage auszudrücken, ohne die türkisch-deutsche Freundschaft zu gefährden. Er tat dies geschickt, indem er die Türkei in einem größeren Kontext ansprach. Er betonte die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte für alle Demokratien, betonte jedoch auch die Notwendigkeit, konstruktive Beziehungen zwischen Deutschland und der Türkei aufrechtzuerhalten.
Erdoğans Reaktion war zurückhaltend. Er verteidigte seine Bilanz in Sachen Menschenrechte und beschuldigte Deutschland, die Türkei "im Stich zu lassen". Dennoch gab es einige Signale einer möglichen Annäherung. Erdoğan erklärte, er sei bereit, den seit langem laufenden Rechtsstreit mit Deutschland über Deniz Yücel, einen inhaftierten deutsch-türkischen Journalisten, zu beenden.Ob Steinmeiers Besuch zu einem dauerhaften Wandel in den deutsch-türkischen Beziehungen führen wird, bleibt abzuwarten. Erdoğans autoritäres Regime bleibt eine Herausforderung für demokratische Werte, und die Spannungen rund um den Konflikt in Nordsyrien bergen weiterhin Risiken für die Region.
Doch Steinmeiers Besuch war ein notwendiger Schritt, um den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen Deutschland und der Türkei aufrechtzuerhalten. Indem er die deutschen Bedenken offen ansprach, während er die Bedeutung der türkisch-deutschen Beziehungen betonte, gab Steinmeier ein starkes Signal, dass Deutschland an einer konstruktiven Beziehung zu seinem NATO-Verbündeten interessiert ist, selbst in schwierigen Zeiten.